Deutsche Männer und ihr Auto. So bald es sich mein Vater in den späten 50zigern leisten konnte, war er von seinem Mofa auf ein Auto umgestiegen. Wenn man ihn heute so erzählen hört, dann war er davor mindestens 20 Jahre nur Fahrrad gefahren. Also quasi gleich nach der Geburt. ich weiß nicht genau von wann bis wann er sein Mofa hatte, aber die Isetta hatte er mit 20 gekauft. Sein erstes Auto war also kein Käfer gewesen, wie bei den Meisten zwischen 1950 und 1980. Autos waren früher recht wichtig. Autos waren früher genauso wie heute leider immer noch wichtig für die männliche Menschheit in der westlichen Gesellschaft. Ohne Auto ist der Mann kein Mann. Besonders in Deutschland. Ob man(n) nun in der vierten Generation auf deutschen Boden lebt oder einen Migrationshintergrund (wohl ein Begriff den es auch wieder nur in Deutschland zu geben scheint) hat. Hat man(n) kein Auto dann ist das gleichbedeutend mit kein Schwanz zu haben. Hat man(n) einen kleinen Schwanz, dann muss er ein großes oder zu mindestens ein schnelles Auto haben. Und das wir auf Autobahnen heute immer noch teilweise keine Geschwindigkeitsberechtigung haben ist hier ein Grundrecht, also das Grundrecht zu rasen, wie in den USA eine Waffe zu besitzen. Die US-Amerikaner erschießen sich gegenseitig, wir Deutsche fahren uns lieber gegenseitig tot. Sowohl in den USA als auch hier gilt das in der Allgemeinheit nicht als Mord oder gar als Tötungsdelikt. Es steht eben für Freiheit Menschen mit Waffen oder Automobile zu ermorden.
Mit 18 hatte ich keinen Führerschein. Das machte mich zu einen Sonderling. Es war ja schon seltsam genug, dass ich nicht nur einen Computer besaß, sondern auch noch damit umgehen konnte, aber dann hatte ich nicht einmal einen Führerschein und geschweige den ein Auto! Was sollte ich schließlich auch mit einem Auto in einer eingemauerten Stadt, hatte ich mich immer gefragte, als meine Bekannten mit 17 fleißig dabei waren den Führerschein zu machen. Sie schraubten teilweise schon an gebrauchten Autos herum, die sie schon „rechtzeitig“ gekauft oder von ihren Vätern geerbt hatten, derweil ich versucht hatte, mir einen Computer zusammen zu schrauben (was übrigens nicht geklappt hatte, denn mein Bausatz-VC20 hatte nie funktioniert). Mein Vater hatte dem Elend ein Ende gesetzt in dem er mich zur Fahrschule schleppte und mir auch noch den Führerschein finanziert hatte. Wenn das mit meinen Job, den ich gerade lernte, vielleicht nicht klappen würde, dann könnte ich mit nem Führerschein immer noch „Ausfahrer“ (ein Begriff den heute auch keiner mehr benutzt) werden. Also machte ich ein halbes Jahr meinen Führerschein. Ja, es hat wirklich 6 Monate gedauert, bis ich so weit war an einer Prüfung teilzunehmen, bei der ich dann erst einmal durchrasselte. Meine erste Fahrstunde war im Schnee und meine letzte in brühtender Hitze des Sommers 1986 in Berlin. Bei der ersten Prüfung wurde ich durch Neukölln gejagt. Was schon Damals keine besonders unbefahrende Gegend war. Bei der zweiten Prüfung wurde ich dann mehr durch Britz geschickt, was ich überlebte und mich zu meiner grauen Pappe brachte.
Auch zu meinem ersten Auto kam ich durch Mitleid. Der damalige Freund meiner Mutter überließ mir 1988 seinen alten VW-Käfer. Eine alte Kiste, die einer der Letzten war, der noch in Wolfburg vom Band gelaufen war. Es stellte sich heraus, dass der Motor nur noch auf einen halben Topf lief und ich das Ding nicht mehr über den TüV bekommen hätte. So wanderte das gute Stück nach 3 Wochen in meinem Besitz also auf den Schrottplatz. So kam es also das mein erstes Auto tatsächlich klischeehaft ein VW Käfer gewesen ist.
Sonntage waren in den 70zigern gefühlt bei Vätern direkt vorprogrammiert. Morgens vor der Tür den Wagen waschen, danach zum Frühshoppen in die Gartenkolonie oder Kneipe und ein paar Runden Skat kloppen. Danach ein wenig im Garten rumwühlen und wenn man sich wieder nüchtern fühlte, wieder nach hause fahren. Oder zum Fußball gucken. Mein Vater war eher nicht so der Fußball-gucken-im -Stadion-Fan gewesen. Aber die Sportschau am Sonntag musste trotzdem sein. Letztens war ich mit unserem Wagen auch mal wieder zum waschen. Natürlich in einer Waschstraße. Das mache ich immer alle zwei Jahre, wenn der Wagen zum TüV muss. Dazu war ich hier in der Nähe bei Cosy Wasch. Das ist immer eine Reise in die Vergangenheit. Nicht nur Waschstraßen sondern Cosy Wasch selbst hatte hier in der Stadt die erste Waschstraße gebaut, so dass ich jene eben schon aus meiner frühsten Kindheit kenne. Mein Vater ist da nicht oft durchgefahren, weil ihm das zu teuer war, und natürlich war ich dann auch nicht immer dabei gewesen. Aber ich kann mich noch sehr deutlich daran erinnern, wie es war, wenn ich dabei war. Und genau daran werde ich dann immer mal wieder erinnert, wenn ich mal selbst wieder durch eine fahre. Denn auch wenn es eigentlich das Auto der Frau Stardustlyricer ist, so muss doch ich immer da durch. Denn sie findet Waschstraßen noch mehr zum fürchten als ich es schon tue. Wobei ich mich natürlich nicht mehr davor so fürchte, wie als Kind. Es ist mehr so das Echo der Furcht aus der Kindheit, dass mich immer heimsucht, wenn ich da mal wieder durch muss. So wie eben letztens.
Das da Leute wirklich wöchentlich oder gar öfter noch durchfahren, ist mir in vielerlei Hinsicht rätselhaft. Nun ist mir schon klar, dass sich die meisten Menschen nicht vor Autowaschstraßen fürchten. Aber es ist schon so eine finanzielle Geschichte, legt man doch derzeit schon 10 Euro für so eine ganz einfache Wäsche hin. Vor 10 Jahren waren das noch 5 Euro. Aber die meisten Menschen geben ohnehin mehr für ihre Autos aus, als sie in ihre Kinder investieren. Ein Leben ohne Kinder ist kein Problem, aber ein Leben ohne Auto? Das geht ja scheinbar gar nicht. Hier im Karree sind auch Nachbarn, die keine Kinder haben, aber eben zwei Autos. Denn Kinder kann man sich heute zu Tage als Beamter ja gar nicht mehr leisten, wenn man drei Mal im Jahr Fernreisen machen möchte. Also am Existenzminimum lebt. Und was geht uns die Zukunft an, wir haben doch genug in einen Aktien für unsere Zukunft investiert.
Ach…